Tagelang laufe ich, ohne einen Menschen zu treffen – höchstens vereinzelt am Rennsteig – und dann stehe ich
plötzlich neben einem bunten Zeltdorf direkt neben dem Kolonnenweg im Grünen Band.
Eine Gruppe Jugendlicher ist ein paar Hundert Meter vom Camp entfernt im Wald. Sie hantieren mit Sägen und Scheren. „Wir arbeiten hier“, erklärt eine Siebtklässlerin des Gymnasiums Fridericianum Rudolstadt in Thüringen. „Wir kümmern uns um das Grüne Band“, erklärt eine andere Schülerin. „Wo Heide wächst, sollen die Bäume weg.“
Dieses Waldcamp gibt es seit 20 Jahren“, berichtet Kerstin Heinke, stellvertretende Schulleiterin und Campleiterin. „Jedes Jahr in der vorletzten Schulwoche fahren 50 Mädchen und Jungs der 6. bis 9. Klassen für sechs Tage an das Grüne Band. Freiwillig“, betont die Pädagogin. „Wir verfolgen mehrere Ziele mit dem Camp: Waldpädagogik, Nachhaltigkeit, Natur erleben und Geschichte.“ Sie gibt zu, dass am Anfang Wald und Forst im Vordergrund standen. Es habe im Jahr 2000 einen Aufruf des Forstamtes gegeben, ob Schulen sich an einer Aufforstaktion nach Sturmschäden beteiligen könnten. „Nur unsere Schule hat sich gemeldet und Bäume gepflanzt. Das war der Anfang des Camps.“ Mittlerweile gehört die ehemalige Grenze und deren Geschichte fest zu den pädagogischen Inhalten des Camps. „Wir laden abends regelmäßig Zeitzeugen zu Vorträgen ein.“
Zurück bei der „Waldarbeitergruppe“: Ein paar Schülerinnen machen mithilfe eines Bündelbocks Bündel aus Reisig und feinem Geäst. Ein paar Jungs üben sich gerade etwas lustlos am Bau eines Unterstands. „Sie beschweren sich, dass sie kein Netz haben“, kommentieren die Mädchen die schlechte Laune. Dietmar König, Mitarbeiter des Forstamtes Saalfeld, unterstützt diesen Workshop und erläutert: „Wir wollen den Kindern Inhalte über den Wald vermitteln. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf Forstschutz.“ So lernten die Kinder Forstschädlinge kennen, haben kranke Bäume identifiziert und kranke Bäume gefällt. Jetzt gehe es darum, das Kleinholz zu nutzen, wie man es früher auch gemacht habe. „Köhler bauten sich zum Beispiel im Wald Unterstände aus vorhandenen Materialien. Reisigbündel wurden zum Anschüren von Öfen benutzt.“ Man kann diese aber auch anders verwenden. Die Mädchen demonstrieren es: Sie legen ein paar Bündel nebeneinander. Damit es nicht so pikst, bedecken sie diese mit frischem Grün und fertig ist die Naturbank. „Ich bin zum dritten Mal dabei“, schwärmt ein Mädchen. „Es ist schön, mal wieder richtig in der Natur zu sein.“
In einer anderen AG beschäftigen sich die Jugendlichen mit Naturkunst. „Wir haben heute Morgen verschiedene Sorten Erde gesucht und zu unterschiedlichen Farben angerührt“, erklären die Schüler. Entstanden ist eine kleine Ausstellung an Gemälden und ein Memory-Spiel mit Blütenmotiven und Symbolen in verschiedenen Erdtönen.
Während die Schüler noch in ihren AGs sind, köchelt das Essen schon im großen Kessel, der mit Holz gefeuert wird. „Wir haben sonst immer über offenem Feuer gekocht, aber aufgrund der Waldbrandgefahr ist das in diesem Jahr verboten“, so Heinke. Sie führt Aufsicht über das Essen, hat aber tatkräftige Unterstützung von Eltern, Lehrkräften und Referendaren, ohne deren freiwilliger Einsatz das Camp nicht möglich wäre. „Alle sind in die Hygieneregeln eingewiesen, auch alle Schüler“, betont sie. Es gäbe zwar nur eine Toilette, aber genügend Wasser zum Händewaschen. Der Speiseplan klingt nicht nach Campküche. Am vorletzten Abend gibt es Rehgulasch, Rotkohl und Thüringer Klöße. „Das Reh organisiert das Forstamt, aber die Schüler helfen beim Abziehen des Fells und beim Zerlegen des Tieres.“ Vor ein paar Jahren wurde ein kleiner Backofen gemauert, so dass jetzt Brot, Kuchen oder Pizza gebacken werden können. Nachmittags ist Baden im nahegelegenen Weiher angesagt und abends gibt es öfters einen Film auf einer großen Leinwand zwischen Bäumen. „Es ist toll, dass wir hier alle aus verschiedenen Klassen zusammen sind und viel gemeinsam machen“, lautet das Fazit einiger Mädchen.