Ottobock ist ein Eichsfelder Unternehmen mit Sitz in Duderstadt im Landkreis Göttingen, aber gleichzeitig ein Weltkonzern, der in 58 Ländern vertreten ist. Das Medizintechnikunternehmen hat weltweit etwa 7000 Mitarbeiter, davon sind 1600 Menschen in Duderstadt im Landkreis Göttingen beschäftigt.
Vor 100 Jahren hatte der Unternehmer Otto Bock die Idee, Prothesen für Kriegsverletzte anzufertigen. Er gründete das Unternehmen in Berlin, zog aber aufgrund von politischen Unruhen noch im gleichen Jahr in die thüringische Stadt Königssee. Nach 1945 wurde die Familie komplett enteignet und Tochter Maria und ihr Ehemann Max Näder wagten einen kompletten Neuanfang in Duderstadt.
In diesem Jahr feiert das Unternehmen seinen 100. Geburtstag am Hauptsitz in Duderstadt. Familien strömen zum Digital Family Day, dem Tag der offenen Tür bei Ottobock. Gleichzeitig wird in der Altstadt von Duderstadt das Eichsfeldfestival vorbereitet. Es ist ein Geschenk von Prof. Hans Georg Näder, Chef der Ottobock-Firmengruppe, an seine Mitarbeiter und an die Region.
„Das Unternehmen hat Duderstadt und der Region viel zu verdanken“, so Personalleiterin Bianca Holler. „Und da möchte Herr Näder etwas zurückgegeben.“ Mit diesen Worten erklärt sie das vielfältige Engagement der Unternehmensgruppe in Duderstadt, im Eichsfeld und in der Region. Und die Liste an Engagement unter anderem im sozialem und kulturellem Bereich ist lang. Näder eröffnete in Duderstadt zum Beispiel eine Kunsthalle und gemeinsam mit seinem Freund Peter Maffay das Tabalugahaus, ein Ort für Kinder aus schwierigen Verhältnissen.
Noch heute ist es Ziel des Unternehmens, die Mobilität und somit die Lebensqualität bewegungseingeschränkter Menschen zu erhöhen. Im sogenannten Showroom können sich die Besucher von der innovativen Technik im Bereich Prothesen und Orthesen überzeugen. Auch Rollstühle und Hilfen für Menschen mit neurologischen Erkrankungen zum Beispiel nach Schlaganfällen werden gezeigt. Darüber hinaus werden Produkte vorgestellt, die körperlich schwere Arbeit in Industrie und Handwerk mit Hilfe eines Exoskeletts erleichtern sollen. Um bei Überkopfarbeit zu entlasten, tragen Mitarbeiter dieses Hilfsmittel wie einen Rucksack eng am Körper.
Doreen König, die sich selbst als Demopatientin bezeichnet, trägt eine neue Beinprothese, mit der sie seitwärts auf einer Schräge gehen kann. „Das erleichtert das Gehen im unebenen Gelände“, erklärt die 47-Jährige, die seit ihrem 6. Lebensjahr eine Prothese trägt. „Ich teste öfters Produkte oder nehme an klinischen Studien teil.“ Die Frau aus Sangerhausen erklärt ihre freiwillige Arbeit für Ottobock damit, dass sie aufklären möchte. Jahrelang hätte sie ihre Prothese in der Öffentlichkeit versteckt. „Jetzt trage ich auch kurze Hosen“, lacht sie, während sie auf ihre Prothese zeigt. Aber es habe sich in den letzten Jahren schon viel verändert: „Der Umgang mit Behinderung ist viel offener geworden.“
An einem anderen Stand auf dem großzügigen Werksgelände erläutert Daniel Buttjes, was es mit dem Boot auf sich hat, das vor der Tür steht: „Wir sind das Schnellboot, um nicht von der digitalen Welle überrollt zu werden.“ Innerhalb des Unternehmens wurden vier Startup-Initiativen gegründet, um die digitale Entwicklung voranzutreiben. „Wir wollen schneller sein, als das in der normalen Organisation Ottobock möglich wäre“, so der Projektmanager optimistisch.
85 junge Menschen machen derzeit im Unternehmen an drei Standorten in 25 Berufen eine Ausbildung. „Wir machen sehr viel, um Nachwuchs zu bekommen“, erklärt die Personalchefin Bianca Holler. „Das ist auch notwendig.“ Denn wie überall, muss auch Ottobock viel dafür tun, auch in Zukunft gute Mitarbeiter zu bekommen. „Wir sind eine ländliche Region und die Infrastruktur ist im Vergleich zu Großstädten schlecht,“ so Holler. Duderstadt hat zum Beispiel keinen Bahnhof, deshalb freut sich die Personalchefin, dass es jetzt einen Schnellbus von Göttingen nach Duderstadt gibt. „Das erleichtert die Anfahrt für Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner mit öffentlichen Verkehrsmitteln.“
Das Unternehmen bietet viel für seine Mitarbeiter. Die Palette reicht von Kinderbetreuung bis hin zu Unterstützung von Menschen, die neu in die Region kommen. „Aber Menschen aus der IT-Branche erkennen uns als Medizintechnikunternehmen nicht sofort als guten Arbeitgeber. Hier müssen wir unsere Präsenz noch ausbauen.“ Holler schätzt, dass die Mitarbeiter in einem Umkreis von etwa 70 Kilometern leben. Ein Vorteil hat der Standort in der ländlichen Region: „Menschen, die zu uns kommen, bleiben im Unternehmen.“ 40-jährige Betriebsjubiläen seien keine Seltenheit. Durch das Wachstum des Unternehmens ist die Belegschaft auf der anderen Seite auch sehr jung.
Die Vorteile, im ländlichen Raum zu leben und zu arbeiten, müsse man immer wieder betonen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Holler fällt das nicht schwer. „Wir leben in einer landschaftlich sehr schönen Gegend und das Angebot ist vielfältig – sowohl in Duderstadt als auch in den umliegenden Städten.“ Das dreitägige Eichsfeldfestival mit einem Auftritt von Peter Maffay, das Näder der Region schenkt, ist nur ein Beispiel.