Aus der Großstadt ans Grüne Band

von Jonathan Flatt

 

Zwei Tage der Großstadt entfliehen, um am Grünen Band zu wandern, das stand diese Woche an. Naja, Großstadt klingt nach mehr als es eigentlich ist, denn Erlangen gehört mit knapp über 100 000 Einwohnern zu den kleinsten Großstädten Deutschlands. Zwei Tage begleite ich meine Mutter am Grünen Band auf dem Weg von Oebisfelde über Brome bis nach Waddekath bei Wittingen. Am ersten Tag sind wir nicht allein unterwegs, sondern werden von einer jungen Frau aus Kunrau begleitet. Sie empfiehlt am Anfang der Etappe das Buch „In the middle of Nüscht“. Der Titel beschreibt die Gegend eigentlich ziemlich treffend. Auf den zirka 25 Kilometern, die wir an diesem Tag zurücklegen, trafen wir vier Radfahrer und sahen ein paar Anwohner in den Dörfern auf der Strecke, mehr nicht. Kaum jemand ist auf den Wanderwegen in und um das Grüne Band in der Region rund um den Drömling unterwegs. Sonst bin ich meistens im bayrischen Alpenvorland oder in Österreich zum Wandern unterwegs. Dort wünscht man sich manchmal ein paar Wanderer und besonders ein paar Autos weniger, davon kann hier allerdings nicht die Rede sein. Hier freut man sich regelrecht, wenn mal jemand entgegenkommt und freundlich grüßt. Und das machen tatsächlich fast alle hier. Die Wanderung führt uns über schmale Wege zwischen Wassergräben, Feldern und Sumpflandschaften, teilweise kilometerlang geradeaus. Berge und Erhebungen gibt es nicht, es ist alles flach und trotz fehlendem Blick auf Berge ist die Aussicht schön und die Natur wirkt unberührt.

Tag zwei ist von den Begegnungen her ähnlich wie der Tag zuvor (dieses Mal waren es zwei Fahrräder und ein Trecker) und ich stelle fest, dass alle Wege gut zum Fahrradfahren geeignet sind. Da es keine Steigungen gibt, lassen sich hier bestimmt auch mal ein paar Kilometer mehr am Tag radeln, vielleicht beim nächsten Besuch. Dieses Mal lag auch ein Stück Kolonnenweg auf der Route, einerseits weiß man direkt, dass man auf dem richtigen Weg ist, anderseits muss man beim Laufen echt aufpassen, da die Löcher in den Betonplatten teilweise tief sind und man leicht stolpern kann. Die feuchte Landschaft des Drömlings ist hier vorbei und das Bild rechts und links des Weges ist geprägt von Heidelandschaft, Wald und Landwirtschaft, einzelne Windräder sehen aus, als ob sie sich hierher verirrt hätten. Nach einigen überraschend schönen kleinen Dörfern endet die Etappe mit vielen neuen Eindrücken am Mauerdenkmal in Waddekath. Hier kann man beobachten, wie sich die Menschen selbstverständlich über die Grenze hin- und herbewegen, es bei Verwaltungen jedoch noch nicht immer klappt: Um den Bus nach Wittingen zu nehmen, muss man die ehemalige Grenze zu Fuß über eine kleine Brücke überqueren und nach Rade laufen. Von dort geht es mit dem Bus nach Wittingen, mit dem Zug nach Uelzen und mit dem ICE zurück Richtung „Großstadt“.